Abstracts Deutsche Sprache 3/11

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Anke Goldberg

Duden als Pädagoge

Abstract

Der Beitrag "Duden als Pädagoge" skizziert Konrad Dudens Leben und Werk mit Fokus auf sein Wirken als Schulmann. Nach einem eher untypisch verlaufenen Ausbildungsweg und einer zehnjährigen Tätigkeit als Hauslehrer tritt er am Archigymnasium in Soest in den preußischen Schuldienst. Von Beginn an besticht er als gebildeter und humorvoller Mann von Welt, der es versteht, junge Menschen mit viel Verständnis, aber im gleichen Maße mit Strenge zu erziehen. Rasch macht er Karriere, wird Schulleiter in Schleiz und in Hersfeld. Die ihm anvertrauten Schulen prägt er durch Innovation und gesunden Menschenverstand, setzt sich für eine Anpassung des Lehrstoffes im Sinne der Moderne genauso ein wie für die Aufwertung des Lehrerberufes durch bessere Ausbildung und höhere Besoldung. Sein pädagogisches Wirken geht weit über Schule hinaus, er engagiert sich an seinen jeweiligen Wohnorten in Bildungsvereinen, wirkt in der Öffentlichkeit und schafft eine gesunde Symbiose von Schule, Vereinen und städtischem Umfeld. Konrad Duden ist stets dem preußischen Staate verpflichtet, zeigt unbedingte Loyalität gegenüber der Monarchie und fügt sich willig in die Schulreform unter Kaiser Wilhelm II, die mit der unangefochtenen Stellung des von Duden geliebten traditionellen humanistischen Gymnasiums bricht.

The article "Duden as a teacher" outlines Konrad Duden's life with the focus on his work in schools. After a rather unusual education and teacher training, and after 10 years as a private tutor, he entered the Prussian education service at the Archigymnasium in Soest. From the onset he impressed people as a sophisticated and witty man of the world who understood how to handle young people with equal measures of understanding and discipline. He soon made a successful career, becoming headmaster of the grammar schools in Schleiz and Hersfeld. He influenced these schools through innovation and common sense, supported new modernising curricula, and sought the enhancement of the teaching profession by better training and higher salaries. His educational work went far beyond the school. Everywhere he lived he was engaged in adult education, he was involved in public affairs and created an effective symbiotic relationship between his schools, associations and the local community. He saw it as his obligation to show loyalty to the Prussian state and the monarchy and therefore willingly accepted the school reforms of Emperor Wilhelm II, even though they broke with the undisputed supremacy of traditional German grammar schools, Duden's favoured system.


Ewa Drewnowska-Vargáné & Gisela Zifonun

Formensystem und textuelle Verwendung von Possessiva: Ein deutsch-, polnisch- und ungarischsprachiger Paralleltextvergleich

Abstract

In diesem Beitrag befassen wir uns mit Aspekten der textuellen Verwendung von Possessiva im Deutschen, im Polnischen und im Ungarischen, die wir aus ihrem jeweiligen Formensystem und dessen Einbettung in das entsprechende Sprachsystem zu erklären suchen. Im Mittelpunkt des Beitrags stehen Possessiva mit anaphorischen Bezügen, die in deutsch-, polnisch- und ungarischsprachigen Texten die Possessiva der 3. Person betreffen. Wir widmen uns insbesondere folgenden drei Fragen: (i) Welcher Formunterscheidungen bedienen sich das Deutsche, das Polnische und das Ungarische beim Gebrauch der Possessiva, um die Identifikation des richtigen Bezugsausdrucks im Text zu ermöglichen? (ii) Wie lassen sich die jeweiligen Formentscheidungen in den betreffenden Kontexten erklären? (iii) Welche textuelle Wirkung wird durch die Wahl der jeweiligen Formen erreicht? Diese Fragen werden auf Grund der durchgeführten empirischen Paralleltextanalysen beantwortet.

In this paper we examine aspects of the textual use of possessives in German, Polish and Hungarian, which we seek to explain on the basis of formal possessive systems and their integration in the grammar of each language. The article focuses on possessives with anaphoric reference in the 3rd Person in German, Polish and Hungarian texts. We address the following three questions in particular: (i) What formal distinctions do German, Polish and Hungarian have for the use of possessives in order to ensure the identification of the correct reference in the text? (ii) How can we explain particular decisions on forms in their contexts? (iii) What textual effect is achieved by the choice of the different forms? These questions are answered on the basis of empirical analyses of parallel texts.


Lirim Selmani

Über das Zusammenspiel der Prozeduren

Abstract

Ausdrücke können nicht nur autonom wirken, sondern auch konfigurativ, also im Verbund mit anderen Ausdrücken, wobei sie sich dann in ihrer Funktionalität beeinflussen. So kann der Konjunktor und mit den Deixeis so, da und dann zu und so, und da und und dann kombiniert werden. Diese und-Konfigurationen sind in Texten, häufiger aber in Diskursen zu beobachten. Eine traditionelle grammatische Analyse, die den kommunikativen Charakter der Sprache und somit den Hörer ausblendet und die verknüpfungsgrammatische Beschreibung solcher Konfigurationen bezogen auf Sätze zentral stellt, ist nicht hinreichend. In diesem Beitrag soll gezeigt werden, dass es sich hierbei nicht nur um textgrammatische Mittel handelt, vielmehr werden durch das Zusammenspiel der operativen (und) und deiktischen (so, da, dann) Prozedur komplexe mentale Operationen beim Hörer erforderlich - und so, und da und und dann sind funktional zu explizieren.

Expressions can act not only autonomously, but also configurationally, in combination with other expressions, and then they influence each other in their functionality. Thus, the conjunction und can be combined with the deictic expressions so, da and dann to give und so, und da and und dann. These configurations with und are found in texts, but more frequently in discourse. A traditional grammatical analysis, which ignores the communicative nature of language and thus the hearer and regards the grammatical description of the linkages of such configurations in sentences as central, is not sufficient. This article attempts to show that we are dealing here not just with text-grammatical devices, but rather that the interaction of operational (und) and deictic (so, da, dann) procedures require complex mental operations from the listener - und so, und da and und dann can be explained functionally.


Sueda Özbent

Kontrastive Darstellung von es im Deutschen und Türkischen

Abstract

Im vorliegenden Aufsatz werden die wichtigsten Verwendungsweisen des deutschen es und der Möglichkeiten, dieses im Türkischen wiederzugeben, kontrastiv betrachtet. Da beide Sprachen verschiedenen Sprachfamilien angehören und im Türkischen keine wortweise Entsprechung für das deutsche es existiert, war es unter funktionalem Aspekt zu untersuchen. Dabei orientiert sich die Darstellung an der deutschen Klassifizierung von es.
Als SOV-Sprache benötigt Türkisch im Vergleich zum Deutschen keine explizite Benennung des Subjekts in der 3. Pers Sg./Pl. Alle Informationen, die für die Kennzeichnung des Subjekts erforderlich sind, weist das Prädikat auf. Des Weiteren kennt das Türkische keine Nebensatzkonstruktionen im Sinne der indoeuropäischen Sprachen. Nebensätze werden im Türkischen hauptsächlich durch Partizipialkonstruktionen, Gerundialkonstruktionen und Passivsätze wiedergegeben.
Es wird versucht, im Einzelnen herauszuarbeiten, welche Funktionen des deutschen es bei Übersetzungen ins Türkische auf welche Art und Weise wiedergegeben werden.

The present article examines the most important uses of German es and its equivalents in Turkish from a contrastive point of view. Since these languages belong to different language families and Turkish does not have a single word which corresponds to German es, the study of es had to be from a functional perspective. The presentation is based on the German classification of es.
As a SOV language Turkish, unlike German, does not require an explicit mention of the subject in the 3rd person singular /plural. All the information that is necessary for the identification of the subject is contained in the predicate. Furthermore, Turkish does not have subordinate clauses in the way Indo-European languages do. Subordinate clauses are rendered in Turkish mainly by participle constructions, gerundial constructions and passive sentences. The article attempts to bring out in detail which functions of Germans es are reproduced in which ways in translations into Turkish.