Abstracts Deutsche Sprache 4/96
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John Ole Askedal
Zur Regrammatikalisierung des Konjunktivs in der indirekten Rede im Deutschen
Abstract
Gegenstand des vorliegenden Beitrags ist die Ausdehnung des ursprünglich lexikalisch bedingten Konjunktivs in der sog. Indirekten Rede auf den syntagmatisch eigenständigen Gebrauch in der sog. Berichteten Rede, eine Entwicklung, die als Auswirkung eines allgemeineren Strukturwandels betrachtet und als ein Fall der Regrammatikalisierung theoretisch interpretiert werden kann. Diese Auffassung erfährt durch eine detaillierte Distributionsanalyse der Referatkonjunktivvorkommen in einem modernen belletristischen Text Bestätigung.
This article is concerned with the use of the subjunctive in reported speech, including in particular non-governed, syntagmatically independent main clauses (so-called "Berichtete Rede"), in modern German. It is argued that the latter distribution is the manifestation of a structural change in the use of the German subjunctive and a case of regrammaticalisation. A detailed distributional analysis of the occurences of the subjunctive in reported speech in a modern literary German text is presented as corroboration of these theoretical positions.
Dagmar Schmauks
Die Stellung des Schweigens im semiotischen Feld
Abstract
Diese Arbeit untersucht die Stellung des Schweigens im semiotischen Feld. Schweigen wird definiert als Nicht-Sprechen in Situationen, in denen Sprechen möglich und üblich ist. In Dialogen treten zwei Formen des Nicht-Sprechens auf: Pausen, die in Sprechen eingebettet sind, und Schweigen, das eine ganze Äußerung ersetzt. Aus linguistischer Sicht ist vor allem das interaktive Schweigen in Dialogen interessant. Es hat eine Vielzahl von Funktionen und kann aufgrund verschiedener Wissensquellen verstanden werden. Ferner wird Schweigen zu anderen Formen der Nicht-Aktivität in Beziehung gesetzt. Die Teilnahme an Zeichenprozessen kann vom Empfänger durch Schließen von Augen und Ohren verweigert werden und vom Sender durch Minimierung der Körpersprache. Ihre Steigerung, nämlich der Verzicht auf alles Handeln, ist ein typisches Ziel mystischer Religionen. Abschließend wird die Rolle von Schweigen und Stille in normativen Kontexten untersucht.
This paper investigates the position of silence in the semiotic field. Silence is defined as non-speaking in situations where speaking is possible and usual. In dialogues, two forms of non-speaking occur: pauses, which are embedded in speech, and silence, which replaces as whole utterance. From a linguistic point of view, interactive silences in dialogues are especially interesting. Silence has many functions and may be interpreted using different sources of knowledge. Furthermore, silence is related to other forms of non-activity. Both sides may refuse to participate in sign processes: recipients by closing their eyes and ears, and senders by minimising their body language. A further intensification of this behaviour, namely the refusal of all activity, is a typical goal of mystic religions. A final section is devoted to the investigation of the role of silence and stillness in normative contexts.
Michael Kinne
Neologismus und Neologismenlexikographie im Deutschen
Zur Forschungsgeschichte und zur Terminologie, über Vorbilder und Aufgaben
Abstract
Im Rahmen der germanistischen Linguistik sind Neologismenforschung und Neologismenlexikographie weitgehend Desiderate. Der Beitrag informiert über die wenigen bisherigen im Umfeld dieser Bereiche anzusiedelnden Akivitäten. Untersuchungen zur Wort- und Begriffsgeschichte von Neologismus sowie zur Rolle des Neologismus im Rahmen der Sprachwandelforschung münden in den Versuch von für die Neologismenlexikographie praktikablen terminologischen Festlegungen. Als vorbildlich können die jüngeren Ergebnisse der angloamerikanischen Neologismenlexikographie gelten. Sie werden in Beziehung gesetzt zu den Aufgaben einer zukünftigen deutschen Neologismenlexikographie. Die Untersuchung entstand im Vorfeld eines jetzt angelaufenen Neologismenprojektes am Institut für deutsche Sprache, in dessen Zentrum der Aufbau einer Neologismendatenbank sowie ein Wörterbuch der Neologismen der neunziger Jahre stehen.
So far, German linguistics has largely neglected neologism research and neologism lexicography. This article reports on the few activities which have been undertaken in these fields. Studies on the history of the concept neologism and on the role of neologism in research on language change lead to an attempt to establish a terminology for neologism lexicography. The latest results of Anglo-American neologism lexicography can serve as a model and are set against the tasks awaiting a future neologism lexicography of German. This study arose as part of the preparations for a neologism project at the Institut für deutsche Sprache which will centre on the creation of a neologism database and a dictionary of neologisms in the 1990s.
Maia N. Volodina
Zur Geschichte der Nomination von Massenmedien im Deutschen
Abstract
Die Bildung der genuin deutschen Termini Rundfunk (Funk) und Fernsehen und der entsprechenden Internationalismen Radiound Television zeugt sehr anschaulich davon, daß die Auswahl der diesen Termini zugrundeliegenden motivierenden Merkmale aufs engste mit der Geschichte der Entstehung der jeweiligen Begriffe verbunden ist. Dabei ist die terminologische Information in der "inneren Form" dieser Wörter gespeichert.
The formation of the authentic German terms Rundfunk (Funk) und Fernsehenand the corresponding international words Radio and Television demonstrates vividly that the choice of motivating features underlying these terms is closely connected with the history of their origin. The terminological information is stored in the "inner form" of these words.