Abstracts Deutsche Sprache 4/02

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Céline Largier

Aspekte der Debatte in argumentationsorientierten Internet-Foren: Die Abtreibungsdebatte in Frankreich und Deutschland

Abstract

In diesem Aufsatz wird die Frage des argumentativen Prozesses in einem spezifischen Kontext behandelt, in dem die Interaktionsteilnehmer räumlich und zeitlich getrennt sind. Solche Interaktionsbedingungen, wie sie in elektronischen Diskursforen zu beobachten sind, bringen spezifische und noch kaum untersuchte Formen des Argumentierens mit sich. Ziel dieser Darstellung ist zu erhellen, wie die Diskussionsteilnehmer eine Form von Interaktivität konstituieren, um sich interaktiv-argumentativ über ein brisantes Thema auseinander zu setzen: die Frage des Abtreibungsrechts. Da diese Frage in einem deutschen und einem französischen Diskussionsforum thematisiert wurde, gibt diese Darstellung außerdem Anlass dazu, sie ansatzweise in ihren soziokulturellen Aspekten zu betrachten.

This article treats the question of the argumentative process in a specific context, in which the interaction participants are separated in space and time. Such interaction conditions, which are to be observed in electronic discussion forums, involve specific forms of argumentation which as yet have hardly been studied. One aim of this paper is to show how the discussion participants constitute a form of interactivity in order to discuss an explosive topic - the question of the abortion law - in an interactive and argumentative way. Since this question has been raised in a German and a French discussion forum, the present article also seeks to undertake a preliminary study of the socio-cultural aspects involved.


Mathilde Hennig

Wie kommt die gesprochene Sprache in die Grammatik?

Abstract

Vorliegender Beitrag beschäftigt sich mit Fragen der Integration gesprochener Sprache in die Grammatikschreibung. Zunächst werden die Bemühungen um eine Berücksichtigung der gesprochenen Sprache in einigen seit 1997 erschienenen Grammatiken vorgestellt. Die vor allem in diesem Zeitraum zu verzeichnende Öffnung der Grammatikschreibung gegenüber der gesprochenen Sprache wird als Indiz für ein breiter werdendes Interesse an der Beschreibung gesprochener Sprache gewertet. Ausgehend von der Einschätzung, dass die Bereitschaft zur Integration gesprochener Sprache durch Diskussionen zum Wie der Integration begleitet werden sollte, werden in vorliegendem Beitrag grammatiktheoretische Überlegungen zur Verortung der Grammatik der gesprochenen Sprache in knapper Form vorgestellt und die Konsequenzen für die Grammatikschreibung angedeutet. Die vorgestellten Überlegungen verstehen sich vor allem als Anregung zu einer breiteren Diskussion der angesprochenen Fragen.

This article addresses questions concerning the integration of spoken language into grammatical descriptions of German. The first part discusses the attempts to include spoken language in a number of grammars published since 1997. The willingness of grammars to include spoken language is seen as an indication a growing interest in the description of spoken language. Based on the assumption that the willingness to integrate spoken language should be accompanied by discussions on the means by which this should be achieved, the present article presents some brief theoretical considerations on the position of the grammar of spoken language and indicates the consequences for the writing of grammars. The considerations presented here are to be understood above all as suggestions for a broader discussion of the questions addressed in this article.


Gereon Müller

Zwei Theorien der pronominalen Flexion im Deutschen

(Versionen Standard und Mannheim)

Abstract

In diesem Papier vergleiche ich zwei Typen von Theorien, die Synkretismus in der pronominalen Flexion des Deutschen erfassen: Das sind auf der einen Seite Theorien, die konstruktive Regeln verwenden (vgl. Bierwisch (1967), Blevins (1995), Wunderlich (1997), Wiese (1999)); auf der anderen Seite Theorien, die destruktive Regeln verwenden (vgl. Müller (2002)). Ich zeige, dass nur der letztere Regeltyp alle Instanzen von Synkretismus bei der pronominalen Flexion im Standarddeutschen ableiten kann. Darüber hinaus diskutiere ich Evidenz aus dem Flexionssystem der Mannheimer Regionalsprache, das sich vom Flexionssystem des Standarddeutschen minimal in Akkusativkontexten unterscheidet; und ich benutze diese Variation als einen Test, um zu sehen, wie gut die existierenden Theorien minimale Variation in Flexionssystemen in den Griff bekommen können.

In this paper I compare two types of theories which account for syncretism in the system of pronominal inflection in German: theories which employ constructive rules (see Bierwisch (1967), Blevins (1995), Wunderlich (1997), Wiese (1999)) on the one hand, and theories which rely on destructive rules (see Müller (2002)) on the other. I argue that only the latter type of rule can successfully account for all instances of syncretism with pronominal inflection in Standard German. In addition, I introduce further, little-known empirical evidence from the inflectional system of the variety of German spoken in and around Mannheim, which differs minimally from the Standard German system in accusative contexts. I use this as a test case to determine how well the existing theories can accommodate minimal variation in inflectional systems.


Hilke Elsen

Neologismen in der Fachsprache der Linguistik

Abstract

Die vorliegende Studie betrachtet Wortbildungsmuster neuer Wörter in der Fachsprache der Linguistik und mögliche Zusammenhänge zwischen bevorzugten Mustern und speziellen Funktionen dieser Sprachvarietät. Es zeigt sich, dass es wie bei anderen Fachsprachen viele Komposita gibt. Allerdings gibt es auch relativ viele Bildungen mit Konfixen und Affixen griechisch-lateinischen Ursprungs.

This study analyses the word-formation patterns of new words in linguistic terminology and also possible interrelations between the preferred patterns and the special functions of this variety of German. It will be shown that, as in other specialist languages, there are a large number of compounds. However, the number of formations with confixes or affixes from Greek and Latin is also relatively high.