Abstracts Deutsche Sprache 2/02
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Inken Keim
Sprachvariation und sozialer Stil am Beispiel jugendlicher Migrantinnen türkischer Herkunft in Mannheim
Abstract
Nach einer kurzen Darstellung relevanter Ergebnisse aus der Mehrsprachigkeitsforschung werden einige Ergebnisse aus dem am Institut für Deutsche Sprache durchgeführten Projekt "Deutsch-türkische Sprachvariation und die Herausbildung kommunikativer Stile in jungendlichen Migrantengruppen in Mannheim" vorgestellt. Im Zentrum steht die Beschreibung eines Ausschnitts aus dem Sprach- und Kommunikationsrepertoire einer türkischen Migrantinnengruppe, der "Powergirls". Charakteristisch für die Ingroup-Kommunikation der Gruppe sind deutsch-türkische Mischungen, in denen Elemente des Deutschen und Türkischen in z.T. engen Verknüpfungen miteinander verbunden werden. In multilingualen Gesprächssituationen dagegen verwenden die Migrantenjugendlichen eine vereinfachte Form des Deutschen als Kommunikationsmittel. Anhand von Gesprächsbeispielen werden beide Sprachgebrauchsformen dargestellt und in Form und Funktion beschrieben.
A short presentation of relevant results from multilingualism research is followed by a discussion of some results from the project "German-Turkish language variation and the development of communicative styles in young immigrant groups in Mannheim", which is being carried out at the Institut für Deutsche Sprache. The discussion focuses on a description of a selection from the speech and communication repertoire of a Turkish immigrant group, the Powergirls. The in-group communication in this group is characterised by German-Turkish mixed forms, in which elements of the German and Turkish are joined together, sometimes in close linkages. On the other hand, in multilingual conversations the immigrant youths use a simplified form of German as their means of communication. Examples from the conversations are used to illustrate both forms of language use and to describe them in form and function.
Markus Hundt
Formen und Funktionen des Reflexivpassivs im Deutschen
Abstract
Das Ziel der Studie ist die theoretische und empirische Untersuchung des Reflexivpassivs in der deutschen Gegenwartssprache. Nach einer Einordnung des Reflexivpassivs in das Passivparadigma des Deutschen (1.) folgt ein Überblick über bisherige Forschungsansätze und -ergebnisse (2.). Auf der Basis eigener Korpusrecherchen (z.B. Hörbelege, Belege aus den IDS-Textkorpora) werden distributionelle Besonderheiten und die verschiedenen Typen von Reflexivpassivkonstruktionen und von verwandten Konstruktionen eruiert (3.). Typischerweise wird das Reflexivpassiv von inhärent-reflexiven Verben (z.B. Es wird sich sehr oft auf Paragraphen und Gesetze bezogen.) oder von reflexiv verwendeten transitiven Verben (z.B. Jawohl, da wird sich geherzt.) gebildet. Diese Konstruktionsmuster erweisen sich durchaus als grammatisch, aber zugleich als nicht völlig akzeptabel im Sprachgebrauch (Sprachnorm). Die semantischen und syntaktischen Restriktionen werden erörtert. Das Reflexivpassiv erweist sich als ein indefinites Passiv mit der Funktion der Außenperspektivierung der Verbalszene und der Fokussierung des Verbalgeschehens als solchem (4.).
This paper investigates the reflexive passive in German from a theoretical and empirical perspective. First, the reflexive passive is related to other voice forms. It is an impersonal passive of inherently reflexive verbs and of reflexively used transitive verbs (1.). After a survey of previous studies on the phenomenon (2.) authentic written and spoken data are used to investigate the distribution of the construction and to discuss different types of the construction (3.). Typical reflexive passives involve either inherently reflexive verbs (e.g. Es wird sich sehr oft auf Paragraphen und Gesetze bezogen.) or reflexively used transitive verbs (e.g. Jawohl, da wird sich geherzt.). Section 4 is concerned with the form, grammaticality/ acceptability, the restrictions and function of the construction. These constructions are grammatical but at the same time not completely acceptable in language use. As far as the function is concerned, the reflexive passive is an indefinite passive that views the verbal scene from outside and focusses the verbal setting as such.
Gisela Harras / Kristel Proost
Strategien der Lemmatisierung von Idiomen
Abstract
In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit der Frage der Lemmatisierung von Idiomen in allgemeinen einsprachigen, alphabetisch geordneten, Wörterbüchern des Deutschen. Die drei wichtigsten Fragen der Lemmatisierung von Idiomen sind die folgenden:
1. Unter welchem Stichwort oder Lemma sollte ein Idiom auftauchen?
2. An welcher Stelle des Wörterbuchartikels sollte ein Idiom auftauchen?
3. Unter welcher Nennform sollte ein Idiom auftauchen?
Wir plädieren dafür, diese Fragen in Übereinstimmung mit vier allgemeinen Lemmatisierungsprinzipien zu beantworten und geben dann einen Überblick über die Behandlung von Idiomen in der gegenwärtigen lexikographischen Praxis, wobei wir deren Vor- und Nachteile erläutern. Abschließend formulieren wir drei Maximen für die Lemmatisierung von Idiomen und zeigen, wie diese befolgt werden können, ohne dass es zu einem Bruch mit der gegenwärtigen Praxis kommt.
This paper deals with the lemmatisation of semi- and non-literal idioms in monolingual general dictionaries of German which are alphabetically ordered. The following issues are crucial to the question of how idioms should be lemmatised:
1. Under which headword should an idiom be entered in a general dictionary?
2. Which position should a given idiom occupy within the entry of the headword under which it is listed?
3. What is the appropriate citation form in which the idiom should be entered?
We argue that these questions should be answered in accordance with a set of general lemmatisation principles. We show how these issues have been dealt with in some of the most widely known German dictionaries and discuss the advantages and disadvantages of current lexicographic practice. To avoid lexicographic inconsistencies, we suggest a set of maxims for the lemmatisation of idioms. These provide practicable solutions to each of the basic questions mentioned above.
Joachim Grabowski
Fremdsprachige Fachbegriffe in deutschen Texten
Systematische Probleme und Lösungsmöglichkeiten, aufgezeigt an einem Beispiel
Abstract
Am Beispiel der Verwendung des Ausdrucks "Cochlear Implant" in einem wissenschaftlichen Aufsatz werden einige morpho-syntaktische Probleme diskutiert, die aus der Übernahme eines fremdsprachigen Fachbegriffs in einen deutschen Text entstehen können, sowie Strategien zur Umgehung solcher Probleme vorgestellt.
The use of the term "Cochlear Implant" throughout a German journal paper is lingustically analyzed in order to elucidate some systematic morpho-syntactical problems that emerge from the adoption of an English technical term. Guidelines are developed on how to circumvent such problems.