Veröffentlichungen im Verlag für Gesprächsforschung

Bendel Larcher, Sylvia / Galliker, Esther / Loew, Joelle: Gesprächskultur in agilen Teams. Konstitutive Merkmale von Scrum-Meetings und Good Practice bei deren Umsetzung. 136 S. - Göttingen: Verlag für Gesprächsforschung, 2025.
ISBN: 978-3-936656-95-4

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In der Softwareentwicklung und zunehmend auch in anderen Branchen wird häufig nach agilen Methoden wie Scrum oder Kanban gearbeitet. Dabei wird die Entwicklungsarbeit in kürzere Zeiteinheiten, sogenannte Sprints, heruntergebrochen und damit flexibilisiert. Ein Ziel des agilen Frameworks besteht darin, die Kommunikation unter den Mitgliedern der selbstorganisierten Teams zu intensivieren und zu verbessern. Zur Koordination der Arbeit eines jeden Sprints dienen formale Meetings. Da die Kommunikation im agilen Setting einen so hohen Stellenwert hat, besteht von Seiten der Praxis ein grosses Interesse an der Optimierung derselben. Von Seiten der Gesprächsforschung wurde die Kommunikation in agilen Teams jedoch noch kaum untersucht.

In der vorliegenden Studie haben wir formale Meetings von drei Informatikteams, die nach der Methode Scrum arbeiten, aufgenommen und analysiert. Das Ziel bestand darin, die typischen Merkmale der Kommunikation in diesen Meetings herauszuarbeiten, aber auch den Teams ein Feedback zur Qualität ihrer Kommunikation zu geben.

Wir konnten sechs Merkmale identifizieren, die für die Kommunikation in agilen Teams typisch sind:

  • Die Gespräche folgen relativ starren Mustern, die vom Scrum-Framework vorgesehen sind und von den Teams entsprechend umgesetzt werden. Für die Meetings mit den Bezeichnungen Refinement, Daily Standup, Review und Retrospektive wurden diese Muster beschrieben.
  • Obwohl in den selbstorganisierten Teams grundsätzlich alle gleichberechtigt sind, findet sich eine typische funktionale Rollenverteilung. Herauszuheben ist die Rolle der Scrum-Masterin, die als Moderatorin, Team-Mitglied und Protokollantin eine anspruchsvolle Dreifachaufgabe zu bewältigen hat.
  • Alle Teams stützen sich bei ihren Meetings auf technische Hilfsmittel. Das Task-Board ist der Dreh- und Angelpunkt der Organisation und bildet das Zentrum der Aufmerksamkeit.
  • Mündlichkeit und Schriftlichkeit sind eng miteinander verzahnt, indem während des Gesprächs auf Task- und Miroboards geschrieben und gelesen wird.
  • Entscheidungen werden kollektiv gefällt und beanspruchen manchmal relativ viel Zeit.
  • Die formalen Meetings funktionieren in unterschiedlichen technischen Settings, vor Ort, hybrid oder gänzlich online.
Bei der Analyse haben wir festgestellt, dass das Scrum-Framework allein kein Garant für das Gelingen der Kommunikation ist. Daher haben wir das Konzept der konstruktiven Gesprächskultur entwickelt, um aufzuzeigen, welche kommunikativen Verhaltensweisen förderlich sind, die gemeinsamen Ziele zu erreichen und gute Beziehungen zu schaffen bzw. aufrechtzuerhalten. Eine konstruktive Gesprächskultur umfasst sechs Merkmale: Das Team zeigt Commitment für das gemeinsame Erreichen der Sprintziele, verfügt über eine klare Rollenverteilung und besitzt Routine mit dem Ablauf der formalen Meetings. Die Teammitglieder sind fokussiert und zeigen Gesprächsdisziplin. Die Beteiligten können ihre Meinung offen darlegen, wahren dabei jedoch den Respekt gegenüber den anderen. Die Teammitglieder argumentieren kooperativ, im Hinblick auf eine gemeinsame Lösung. Dissens wird nur bis zu einem bestimmten Punkt getrieben, dann wird es den Betroffenen überlassen, die richtigen Entscheide zu treffen. Die Beziehung wird gepflegt durch positive Höflichkeit und Humor.

Mit dem neuartigen Konzept der konstruktiven Gesprächskultur hoffen wir, sowohl die Angewandte Gesprächsforschung als auch die Praxis des agilen Arbeitens voranzubringen.

Inhaltsverzeichnis

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1.   Einleitung S. 6
2.   Das agile Framework S. 7
3.   Stand der Forschung S. 11
4.   Korpus S. 17
5.   Methodisches Vorgehen S. 20
6.   Kommunikation in agilen Meetings S. 22
7.   Konstruktive Gesprächskultur S. 69
8.   Diskussion und Ausblick S. 129
9.   Literatur S. 130