Stauffenburg Linguistik

Band 3:
Abraham, Werner: Linguistik der uneigentlichen Rede. Linguistische Analysen an den Rändern der Sprache. 360 S. - Tübingen: Stauffenburg, 1998.
ISBN: 3-86057-703-4

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[Buch] IDS-Bibliothek: Sig. M 1983

Unter Ausschöpfung des modernen linguistischen und semiotischen Analyseinventars erarbeitet Werner Abraham exemplarische Interpretationen ausgewählter Texte der modernen Literatur. Die eingehende Betrachtung von Textbeispielen u.a. aus den Bereichen der modernen expressionistischen und hermetischen Lyrik (Trakl, Mayröcker), der konkreten Poesie (Jandl), der Dichtung Schizophrener (Herbeck alias 'Alexander') sowie der modernen Prosa (Kafka, Jonke) begleitet eine prinzipielle Methodendiskussion über Wege und Möglichkeiten der literarischen Analyse (Hermeneutik, Ordinary Language Philosophy, Batesons Schizophreniesoziologie). Der Autor zeigt, inwieweit das begriffliche Instrumentarium des modernen Linguisten auch eine Analytik der 'Sprache' der darstellenden Kunst sowie synästhetischer und metaphorischer Darstellungsformen der Literatur erlaubt. Ein eigenes Kapitel ist Goethes Farbenlehre mit Blick auf seine Ablehnung der Newtonschen Farbphysik sowie die aktuelle Bedeutung der Goetheschen Analytik für die moderne Farbphysiologie gewidmet. Wie ein roter Faden durchzieht die exemplarischen Diskussionen die Frage nach den Grenzen der Verstehbarkeit, d.h. den durch eine Universalgrammatik gesetzten sprachlichen Grenzen des Sagbaren, und des prinzipiell Verstehbaren, aber hermetisch Verschlossenen (unter Einschluß einer Poetik des 'Unsinns'). Es geht bei den akribischen Analyseversuchen 'an den Rändern der Sprache' ganz zentral um die cartesisch-rationale Frage, wie sprachliches analytisches Vermögen und enzyklopädische Erfahrung voneinander abgegrenzt werden können: also um die Frage, ob wir wirklich mit einer unserer Spezies eigenen, besonders leistungsfähigen sprachlichen Kompetenz ausgestattet sind und wo in bezug auf unsere menschlichen Verstehleistungen nun genau die Grenze zwischen enzyklopädischer Erfahrung und vor dieser Erfahrung liegenden genetischen sprachlichen Anlagen zu ziehen ist.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort S. 7
Einleitung S. 9
 
1.   Cartesische Grundlagen zur literarischen Sprachanalyse
Zur literarischen Analysediskussion: Hypothesenbildung und Hypothesenvernetzung
S. 15
2.   Systematische Pragmatik in der literarischen Analyse
Methodische Übungen zu Kafka-Interpretationen. Sprechakte und Konversationsimplikaturen
S. 53
3.   Sprache der Zukunft und Sprache als Machtmittel
Das Konzept der "projektiven Sprache" bei Ernst Jandl
S. 77
4.   'Sprachmusik' und Bedeutungsanalyse
Trakls "Trompeten". Spiel mit Syndesen und Asyndesen
S. 103
5.   Backgrounding als Lyrikkonzept
Friederike Mayröckers poetische Syntax
S. 119
6.   Sprachmythos und mythische Sprache
Gert F. Jonkes "Erwachen zum großen Schlafkrieg"
S. 139
7.   Sprache der darstellenden Kunst
Kodierungsbeziehungen zwischen Literatur und darstellender Kunst
S. 167
8.   Farbphysik und Wahrnehmungspsychologie
Bemerkungen zu Goethes Farbenlehre im Lichte der Wahrnehmungspsychologie und der kognitiven Psychologie. "Goethe als Gast in einer fremden Wohnung"
S. 187
9.   Zur Uneigentlichkeit der Sprache
Linguistik der Metapher
S. 227
10.   Farbsehen und Farbhören in der Literatur
Synästhesie als mehrdimensionale Metapher
S. 271
11.   An der Rändern der Sprache: zur Poesie Schizophrener
"a und b leuchten im Klee". Beobachtungen zur Sprache der Kastenmenschen und ihrer Beziehung zur modernen hermetischen Literatur
S. 311
 
Bibliographie S. 351