Germanistische Linguistik - Monographien

Band 12:
Eitz, Thorsten: Aids. Krankheitsgeschichte und Sprachgeschichte. VIII/268 S. - Hildesheim / Zürich / New York: Olms, 2003.
ISBN: 3-487-11884-X

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[Buch] IDS-Bibliothek: Sig. QB 2406

Umstrittene Ausdrücke wie Aids, Schwulenseuche, Promiskuität und HIV, brisante Konkurrenzvokabeln wie Risikogruppen oder Betroffenengruppen, HIV-Antikörpertest oder Aidstest, Safer Sex oder Meldepflicht, und nicht zuletzt Slogans wie Gib Aids keine Chance und Aids geht jeden an sind Wendungen, die im gesundheits- wie gesellschaftspolitischen Diskurs über Aids immer wieder zu hören sind und diesen Diskurs maßgeblich bestimmen. In welchem Verhältnis aber stehen Sprache und Politik in öffentlichen Auseinandersetzungen? Welche Interessengruppen verfolgen welche semantischen Strategien, um ihre jeweiligen Ansichten zu manifestieren, zu legitimieren und durchzusetzen?
Die Zielsetzung dieser Arbeit ist es, Sprachgeschichte und Problemgeschichte der Gegenwart miteinander zu verzahnen. Hierzu wird am Beispiel des Aidsdiskurses eine breit angelegte sprachgeschichtliche Diskursanalyse vorgenommen, die an-schaulich macht, wie wenig dieser Abschnitt der bundesdeutschen Medizingeschich-te als reine Ereignisgeschichte gesehen und rekonstruiert werden kann. Die Arbeit zeigt dabei exemplarisch die realitätskonstituierende Funktion des Mediums Spra-che, durch die erst begreiflich wird, wie ein und dasselbe gesellschaftspolitische Ereignis auf unterschiedliche Weise beschrieben und gewichtet werden kann. Die Analyse macht das Zusammenspiel von Zeitgeschichte, kontroversen politischen Interessen bzw. Intentionen und politischem Sprachgebrauch in einer pluralistischen Gesellschaft deutlich.

Inhaltsverzeichnis

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I. Einleitung – Themen- und Quellenauswahl
II. Sprachwissenschaftliche Grundlagen
1.   Wilhelm von Humboldt S. 13
2.   Ferdinand de Saussure S. 15
3.   Ludwig Wittgenstein S. 17
4.   Zusammenfassung der sprachtheoretischen Fundierung S. 18
5.   Historische Semantik als Bewusstseinsgeschichte S. 19
6.   Sprachgeschichte als Mentalitätsgeschichte S. 22
7.   Sprachgeschichte als Diskursgeschichte S. 25
III. Sprache und Politik – Politische Sprache als Gegenstand der Analyse
IV. Analysekonzepte für politische Sprache
1.   Exkurs: Der Begriffsbegriff S. 37
2.   Konnotationen S. 39
3.   Schlagwörter S. 41
4.   Ideologische Polysemie S. 46
5.   Semantische Kämpfe S. 47
6.   Metaphern S. 49
7.   Explizite und implizite Thematisierungen von Sprache und die Funktion von Distanzmarkern S. 52
8.   Neologismen S. 55
9.   Komposita S. 56
V. Sexual- und Partnerschaftsethik nach 1945
1.   Widernatürliche Unzucht – Homosexualität in der NS- und Nachkriegszeit S. 59
2.   Beginnender gesellschaftlicher Wandel durch die Anti-Baby-Pille – eine Schlagwortgeschichte S. 63
3.   Das Schlagwort sexuelle Revolution und die gesellschaftspolitischen Folgen S. 71
VI. Der bundesdeutsche Aidsdiskurs
1.   Aids – ein Neologismus S. 82
2.   Promiskuität zwischen Fachterminus und Stigmavokabel S. 99
3.   Metaphernfelder des Aidsdiskurses S. 113
4.   Risikogruppen vs. unschuldige Opfer S. 130
5.   Das Virus und der Test – die Entterminologisierung des öffentlichen Vokabulars S. 141
6.   Aus AIDS wird Aids – zunehmende Lexikalisierung S. 153
7.   Aids und Kondom – “Wörter des Jahres 1987” S. 169
8.   Eine vorläufige Aids-Bilanz S. 199
9.   Der Blut-Aids-Skandal des Jahres 1993 S. 222
VIII. Schlussbetrachtung