Germanistische Bibliothek

Band 69:
Griebel, Julia: „das thier friszt, der mensch iszt“. Zur Diachronie der lexikalischen Mensch-Tier-Grenze im Deutschen. 294 S. - Heidelberg: Winter, 2020.
ISBN: 978-3-8253-4691-1

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[Buch] IDS-Bibliothek: Sig. QB 3298

Tiere fressen, Menschen essen: Eine lexikalische Trennung zwischen Mensch und Tier ist im Deutschen heute selbstverständlich. Sie wird bei zahlreichen Sachverhalten gezogen, die Mensch und Tier gemein sind, und meist strikt eingehalten, so etwa bei Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme (‘essen’/‘fressen’,‘trinken’/‘saufen’, ‘stillen’/‘säugen’), Schwangerschaft (‘schwanger’/‘trächtig’), Geburt (‘gebären’/‘werfen’), Tod (‘sterben’/‘verenden’, ‘ermorden’/‘schlachten’), Lebewesenbezeichnungen (‘Säugling’, ‘Baby‘/‘Junges’, ‘Leiche’/‘Kadaver’ u. a.) und Körperteilen (‘Mund’/‘Maul’, ‘Lippe’/‘Lefze’ u. a.).

Hierbei handelt es sich um eine sprachhistorisch relativ junge Entwicklung, die vollständig erst im Neuhochdeutschen vollzogen wurde und in anderen Sprachen bis heute nicht existiert. Die Arbeit untersucht diese lexikalische Grenzziehung zwischen Mensch und Tier sprachgeschichtlich anhand von Wörterbuch- und Korpusstudien vom Althochdeutschen bis zum Gegenwartsdeutschen. Sie verfolgt die Herausbildung dieser Grenze sprachgeschichtlich und erklärt sie kulturhistorisch.

Inhaltsverzeichnis

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I. Einleitung
S. 13
II. Bedeutungswandel
1.   Die Theorie der Unsichtbaren Hand S. 18
2.   Kulturanalytische Ansätze S. 20
3.   Der Frame-Ansatz S. 38
III. Die Mensch-Tier-Beziehung: geschichtlicher und soziologischer Abriss
1.   Anthropozentrismus und Anthropomorphismus S. 41
2.   Spätantike und Mittelalter: Nähe zu und Achtung vor dem Tier S. 42
3.   Frühe Neuzeit: Descartes’ Automatentheorie und beginnende Distanzierung S. 45
4.   19. und frühes 20. Jahrhundert: Massentierhaltung und fortscheitende Mensch-Tier-Dissoziation S. 48
5.   21. Jahrhundert: ambivalentes Mensch-Tier-Verhältnis S. 51
6.   Exkurs: Das Tier im Christentum S. 60
IV. Das Tier im Deutschen
1.   Belebtheit S. 65
2.   Zum Lexem Tier S. 66
3.   Tiervergleiche S. 68
4.   Tiemamengebung S. 78
5.   Fazit S. 85
V. Die lexikalische Mensch-Tier-Grenze: Wörterbuchstudie und Korpusanalyse
0.   Vorgehen S. 85
1.   Nahrung - Nahrungsaufnahme - Flüssigkeitsaufnahme S. 90
2.   Schwangerschaft - Geburt - Tod S. 192
3.   Lebewesenbezeichnungen S. 229
4.   Körperteile S. 244
5.   Entwicklungsszenarien der Lexeme S. 248
VI. Die lexikalische Mensch-Tier-Grenze im Spiegel kulturhistorischer Entwicklungen
1.   Mittelalter: soziale und sprachliche Nähe zu Tieren S. 259
2.   Frühe Neuzeit: beginnende Distanzierung in Sprache und Kultur S. 260
3.   19. und frühes 20. Jahrhundert: fortschreitende inner- und außersprachliche Dissoziation S. 262
4.   21. Jahrhundert: Dissoziation unter teils veränderten kulturellen Bedingungen S. 263
VII. Schluss
S. 267
 
Anhang: Informationen zu den Korpusuntersuchungen S. 271
Literaturverzeichnis S. 283
Verwendete Korpora S. 294