Germanistische Bibliothek

Band 19:
Ruge, Nikolaus: Aufkommen und Durchsetzung morphembezogener Schreibungen im Deutschen: 1500 – 1770. 294 S. - Heidelberg: Winter, 2004.
ISBN: 3-8253-1681-5

Der Morphematisierung der deutschen Orthographie hat Vorläufer in der Geschichte der lateinischen Alphabetschrift und steht in einem kommunikationsgeschichtlichen Kontext mit der spätmittelalterlichen Profilierung des visuellen Kodierungsmodus.

Auf der Basis eines Textkorpus von 157 Drucken des 15. bis 18. Jahrhunderts lässt sich zeigen, dass der morphematische Umbau der deutschen Orthographie weder als selbstgesteuerter Prozess noch als bloßer Reflex einer präskriptiven Grammatik erklärbar ist. So treten Schreibungen wie, bereits im 12. Jahrhundert als Reflex regionaler Lautung auf, die heute gültige Schreibregel ist zu Beginn des 17. Jahrhunderts im Usus durchgesetzt, um dann am Ende des 17. Jahrhunderts als morphematische Schreibung interpretiert zu werden. Die morphematische Schreibung des a-Umlauts wird von Grammatikern vorgeschlagen, bevor sie sich gegen Ende des 17. Jahrhunderts durchsetzt. Der Gebrauch schreibsilbenfinaler doppelter Konsonantenbuchstaben ( statt ) setzt sich erst im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts unter dem Einfluss der Grammatik von Adelung durch. Schließlich ist während der untersuchten Periode ein kontinuierlicher Abbau phonetisch-determinativer Kürzungen nachweisbar, die eine Dekodierung der Schrift ohne Rekurs auf die Lautebene behinderten.

Inhaltsverzeichnis

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Vorwort S. 11
I. Einleitung: Linguistische und funktionale Implikationen graphischen Morphembezugs
1.   Norm und Usus, Orthographie und Graphematik S. 13
2.   Funktionale Aspekte morphembezogener Schreibungen S. 15
3.   Das morphematische Prinzip synchron S. 24
4.   Die untersuchten Fälle morphemidentifizierender Schreibungen S. 28
5.   Das Untersuchungskorpus S. 35
6.   Die Präsentation der Einzeltextkommentare auf CD-ROM S. 36
7.   Sprach- und kommunikationsgeschichtliche Implikationen S. 38
II. Die morphematisch motivierte Schreibung der Umlaute von a und au
1.   Grundlagen S. 57
2.   Phonische oder morphemtaische Motivation von <å>/<åu>? S. 67
3.   Morphematisch gestützte <å>/<åu> für Kurzvokal und Diphthong S. 84
III. Die graphische Vernachlässigung der Auslautverhärtung
1.   Grundlagen S. 105
2.   Auslautverhärtungen seit dem Althochdeutschen S. 108
3.   Die Ablösung der Fortisgraphien in den Finalpositionen des graphischen Worts durch Lenisgraphien S. 112
IV. Doppelter Konsonantenbuchstabe für die Silbenendrandpositionen bei sollen, wollen, können
1.   Grundlagen S. 181
2.   Einfacher Konsonantenbuchstabe in den Explizitformen S. 185
3.   Korpusuntersuchung S. 187
V. Der Abbau determinativ-phonetischer Kürzungen
1.   Kürzungen als Schreibvarianten S. 207
2.   Einige historische Funktionen von Kürzungen S. 207
3.   Kürzungen nach Aufkommen des Buchdrucks S. 209
4.   Der Abbau von Kürzungen in den Korpustexten S. 217
5.   Fazit S. 231
VI. Zusammenfassung
1.   Die Einzelfälle im Vergleich S. 233
2.   Durchsetzung morphembezogener Schreibungen und Durchsetzung der Großschreibung S. 245
3.   Ansätze und Grenzen einer sprachhistorischen Erklärung des Aufkommens und der Durchsetzung morphembezogener Schreibungen im Deutschen S. 248
 
Literaturverzeichnis S. 263
Verzeichnis der Tabellen S. 281
Verzeichnis der Diagramme S. 285
Verzeichnis der Abbildungen S. 287
Verzeichnis der abgekürzten Literatur S. 289
Sonstige Abkürzungen S. 291
Übersicht der Korpustexte S. 293