Abstracts Deutsche Sprache 4/94
Zum Inhaltsverzeichnis dieser Ausgabe
Miloje Đorđević
Vom Aspekt zum Tempus im Deutschen
Abstract
In der vorliegenden Arbeit wird die Frage der Entwicklung sprachlicher Mittel erörtert, die zur Bezeichnung der sog. Aktionalität in älteren Sprachstufen des Deutschen verwendet wurden. Unter Aspektualität werden mehrere Subkategorien (Verbcharakter, Verbalaspekt, Aktionsarten) subsumiert. Aus dem aspektuell geprägten Idg. bildete sich das Germanische heraus, in dem jedoch nicht der Aspekt, sondern zahlreiche Aktionsarten überwiegen. In den überlieferten Denkmälern des Gotischen, Alt- und Mittelhochdeutschen finden sich mehrere Verbformen (synthetische und analytische), die zur Wiedergabe aktionaler Unterschiede im verbalen Geschehen gebraucht wurden. Etwas langsamer verlief die Entwicklung der Tempusformen, so daß man grundsätzlich sagen kann: Je besser die Tempusformen ausgebaut wurden, desto schwächer waren die aktionalen Formen vertreten. Von einem Verbalaspekt kann weder im Gotischen, noch im Alt- und Mittelhochdeutschen gesprochen werden.
This article contains a discussion of the linguistic means which are used in the expression of so-called 'actionality' in older forms of German. 'Aspectuality' includes several subcategories (verb character, aspect, Aktionsart ). Indoeuropean, which was characterised by aspect, gave rise to Germanic, in which it is a number of Aktionsarten which dominate, rather than aspect. Gothic, Old and Middle High German texts contain several verb forms (synthetic and analytic) which were used to express actional differences. The tense forms developed somewhat more slowly, so that we can make the following statement of principle: the more the tense forms expanded, the more infrequently actional forms are to be found. There is no verbal aspect either in Gothic or in Old and Middle High German.
Matthias Marschall
Satzklammer und Textverstehen
Zur Funktion der Verbendstellung im Deutschen
Abstract
Die Klammerstellung im deutschen Hauptsatz und die Endstellung des Prädikatskomplexes im Nebensatz sind häufig Ziel der Sprachkritik. Zugleich aber erweisen sich die Stellungsregeln gegen Veränderungen als sehr widerstandsfähig. In diesem Aufsatz wird die Klammerstellung als positiver Beitrag zum Textverstehen beschrieben. Sie erlaubt die Markierung syntaktischer Grenzen, an denen die Verarbeitung abgeschlossen wird. Im Gegensatz zu ihrem oft schlechten Ruf zwingen Klammerstellungen muttersprachliche Hörer/Leser nicht dazu, den Sinn des Satzes von hinten aufzurollen; das zweite Klammerelement wird von ihnen mit großer Verläßlichkeit antizipiert. Das wird in zwei Versuchsreihen mit muttersprachlichen Deutschsprechern nachgewiesen.
The syntactic bracket in German main clauses and the final position of the predicate in subordinate clauses are much criticised features of German grammar. At the same time, the word order rules have proved to be very resistant to change. In this article, the bracket rule is described as a positive contribution to the understanding of texts. It allows the marking of syntactic boundaries at which the processing of linguistic material comes to an end. Contrary to what is usually claimed about it, the syntactic bracket does not force native speaker hearer/readers to process the sentence from the end: they can anticipate the second element of the bracket very reliably, as is shown in experiments with native speakers of German.
Ingemar Persson
Die Funktion der Präpositionalphrase mit durch im Rahmen der kausativen Struktur
Abstract
Eine unbeachtete Funktion der durch-Phrase in Verbindung mit einem auf die kausative Struktur zu beziehenden intransitiven Verb wird im Rahmen eines Modells analysiert, das die sprachliche und kognitive Struktur aufeinander bezieht. Auf dieser Grundlage wird die Semantik, die Syntax und die Pragmatik der analysierten durch-Phrase definiert und beschrieben. Für die syntaktische Funktion wird der Terminus k a u s a t i v e s A d v e r b i a l e vorgeschlagen. Abschließend wird die Perspektive erweitert, indem die durch-Phrase in der kausativen Struktur überhaupt beschrieben wird. Verglichen wird mit den Präp. von und mit, deren Beschreibung gegenüber bisherigen Darstellungen ergänzt wird.
A hitherto unidentified function of durch-phrases in connection with intransitive verbs related to causative structures is analysed in the framework of a model which matches linguistic and cognitive structures. The semantics, syntax and pragmatics of the durch-phrase is then defined and descriped on this basis. The term c a u s a t i v e a d v e r b i a l is suggested for the syntactic function. In the final section the perspective is widened by describing the durch-phrase in causative structures in general and comparing it with von- and mit-phrases.