Abstracts Deutsche Sprache 3/12
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Hardarik Blühdorn
Verknüpfungseigenschaften von Satzkonnektoren im Deutschen
Abstract
Der Aufsatz entwirft eine Zusammenschau der Verknüpfungseigenschaften der Satzkonnektoren des Deutschen und eine Terminologie für ihre Beschreibung. Zur Illustration dient eine Auswahl von 24 Kausal- und Konsekutivkonnektoren. In der ersten Hälfte geht es um semantische und syntaktische Eigenschaften sowie um Eigenschaften der Syntax-Semantik-Schnittstelle. In der zweiten Hälfte stehen diskurs- und informationsstrukturelle Eigenschaften im Vordergrund. Es zeigt sich, dass die beschriebenen Verknüpfungseigenschaften sich nicht beliebig miteinander kombinieren, sondern charakteristische Eigenschaftsprofile bilden, mit deren Hilfe sich fünf große Konnektorklassen definieren und als geordnetes Teilsystem der Grammatik darstellen lassen.
This paper develops an overview of the cohesive properties of the sentence connectives of present day German as well as a terminology for their description. The tools are applied to analysing a set of 24 cause-consequence connectives. The first half of the article focuses on semantic and syntactic properties and on the syntax-semantics interface. In the later sections discourse and information structural properties are investigated. It turns out that the described cohesive properties do not combine at random, but form clusters which define five main classes of connectives and characterize them as an ordered subsystem of grammar.
Kristof Baten / Klaas Willems
Kasuserwerb in der Präpositionalphrase vom Standpunkt der Verarbeitbarkeitstheorie (Processability Theory)
Abstract
Gegenstand des Beitrags ist der Zweitspracherwerb von Kasus in deutschen Präpositionalphrasen (PPn), insbesondere der Erwerb von Akkusativ und Dativ. Der Kasus gilt als idiosynkratisch in PPn mit fester Rektion, jedoch als semantisch motiviert nach Präpositionen mit Doppelrektion (sog. Wechselpräpositionen). Im Beitrag wird gezeigt, dass dieser Unterschied dafür verantwortlich ist, dass die morphologische Ausdifferenzierung zwischen Akkusativ und Dativ nach Präpositionen mit Doppelrektion später erfolgt als in PPn mit fester Rektion. Dieser Befund widerspricht der Behauptung von Turgay (2011), dass es im Hinblick auf den Kasuserwerb zwischen Präpositionen mit fester Rektion und solchen mit Doppelrektion keinen Unterschied gebe. Ein solcher Unterschied ist jedoch nachweisbar, wenn Kasus erstens definiert wird als ein sich stufenweise etablierendes System kontrastierender funktioneller Werte und nicht als eine unmittelbare Widerspiegelung des zielsprachlichen Form-Funktionssystems und wenn zweitens Erwerb nicht am Ausmaß der Beherrschung von Kasusformen, sondern im Hinblick auf ihr erstes Auftreten gemessen wird.
The present article examines the second language acquisition of case in German prepositional phrases (PPs), more specifically the acquisition of the accusative and the dative. It is widely held that in German, the case in so-called one-way PPs is idiosyncratic, whereas it is semantically motivated in two-way PPs. We argue that the acquisition of the morphological differentiation between the accusative and dative differs according to the type of PP, the morphological differentiation being first acquired with one-way PPs and only afterwards with two-way PPs. The account provided in the article goes against a recent empirical study (Turgay 2011) which finds no difference in the acquisition of case with regard to the two types of PPs. However, when 'case' is defined in terms of developing contrasting values in the learner's Interlanguage (instead of referencing case only to the target language's system) and when 'acquisition' is conceived in terms of emergence (instead of using accuracy rates), then a difference in the acquistional path can be observed.
Maike Klüber / Johann Motsch / Thomas Spranz-Fogasy
"wenn sie sonst jetzt zum eingriff keine fragen mehr haben dann unterschreiben (.) sie noch mal hier"
Verständigungssicherung in anästhesiologischen Aufklärungsgesprächen - Arztangebote und Patientenfragen
Abstract
Anästhesiologische Aufklärungsgespräche sind obligatorischer, rechtlich vorgeschriebener Bestandteil der Operationsvorbereitung. Ärzte sind dabei verpflichtet, eine Reihe von Formalia einzuhalten, um die Einwilligung der Patienten rechtlich abzusichern. Ziele solcher Gespräche sind, narkoserelevante Informationen zum Gesundheitszustand zu ermitteln, ausreichend zu informieren und Verständnis zu sichern, eine Entscheidung über das Narkoseverfahren zu treffen und schließlich die wirksame Zustimmung einzuholen. Zur Sicherung des Verständnisses sind die aufklärenden Anästhesisten gehalten, Patienten Fragerechte anzubieten. Im Beitrag wird zunächst das Handlungsschema dieses Interaktionstyps rekonstruiert, um auf dieser Grundlage zu analysieren, wie Ärzte durch Platzierung, Sequenzierung und Formulierungsweise die Patienten er- oder entmutigen, Frageangebote wahrzunehmen. Es zeigt sich, dass Ärzte den Patienten zwar regelmäßig die Möglichkeit zu Fragen anbieten, dies aber oft gesprächsstrukturell ungünstig platzieren und durch ihre Formulierungsweise und andere Eigenschaften konterkarieren. Grundlage der Untersuchung bilden 18 Gespräche, die im Prämedikationszentrum einer großen Universitätsklinik geführt wurden.
Anaesthesiological counselling sessions are a mandatory, legally prescribed part of preparation for surgery. Doctors are required to comply with a number of formalities in order to give legal force to the patient's consent. The objectives of such sessions are to identify anaesthetically relevant information about the medical condition, to inform and to make sure the patient has a sufficient understanding of the treatment, to make a decision about the anaesthetic process and finally to obtain effective consent. To ensure the patients' understanding of the counselling sessions, anaesthetists are required to give the patients the opportunity to ask questions. This article first reconstructs the action scheme underlying this type of interaction in order to analyse how doctors encourage or discourage patients' questions by the placement, sequencing and wording of what they say. It turns out that doctors regularly provide patients with the opportunity to ask questions, but frequently place this offer unfavourably in the structure of the conversation and counteract it by the formulations they use and other means. The investigation is based on 18 counselling sessions which were conducted in the premedication centre of a large university hospital.